Ja, es stimmt wirklich: das nehemia team gibt es nun seit 30 Jahren. Falls du zu unseren langjährigen Weggefährten gehörst und es nicht glaubst: Ein Blick in den Spiegel genügt – auch du bist älter geworden.

Hinter uns liegen dreißig sehr intensive Jahre, voller Herausforderungen, Begegnungen und Erlebnisse.

Man ist ja geneigt, bei derartigen Jubiläen all die Erfolge und Errungenschaften der vergangenen Jahre herauszustellen – und es gäbe hier viel zu erzählen, über die vielen Projekte, Schulungen, Feste zur Ehre Gottes, Reisen, Camps, Konzerte, Freizeiten usw. Aber es sind nicht die tollen Projekte und Veranstaltungen, die für mich im Vordergrund stehen, wenn ich dankbar auf diese dreißigjährige Abenteuerreise zurückblicke: Es sind vor allem die Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen – in unserer Metropolregion und in über fünfzig Ländern dieser Erde.

Vielleicht erinnern dich diese Zeilen gerade an eine solche Begegnung, die du mit dem nehemia team bzw. einem seiner Mitarbeiter/Innen gehabt hast: Ich hoffe, du wurdest dadurch ermutigt, inspiriert und nicht enttäuscht. Lass uns doch solche Erinnerungen miteinander austauschen: Neues entsteht oft auf dem Nährboden der dankbaren Erinnerung und Wertschätzung des Alten und Vergangenen!

Danke

An dieser Stelle will ich einfach ein dickes Dankeschön und „vergelt´s Gott“ in die Welt schicken, an all unsere Freunde, Weggefährten, Unterstützer und Mitarbeiter/Innen. Dank auch an manch kritische Begleiter, die uns immer neu herausfordern, unser Tun zu hinterfragen, neue Wege zu suchen, die Vision zu erweitern und uns weiter zu entwickeln. Einige dieser Weggefährten sind nicht mehr unter uns. Erwähnt sei hier besonders John MacFarlane, ein Mitbegründer des nehemia teams. Er hat tiefe und gute Spuren hinterlassen. Und nicht zuletzt ein Dank an Jesus, der uns immer wieder inspiriert, motiviert und die Kraft gibt, Menschen zu lieben.

Eine Geschichte, die uns begleitet

In all den Jahren begleitet uns eine Geschichte aus dem Neuen Testament in besonderer Weise: Es ist die „Speisung der Fünftausend“ (Mt. 14,13-21). Wie die Jünger Jesu damals, sehen wir uns immer wieder mit Herausforderungen konfrontiert, die viel zu groß für uns sind, ja manchmal schier unmöglich erscheinen. Man fragt sich: „Warum soll ich mich denn engagieren, es ist ja ohnehin nicht genug?“ oder „Was kann ich schon in der Welt verändern, das ist ja nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein?“ Die großen und kleinen Nöte dieser Welt möchten einen erdrücken und die eigene Schwachheit und Ohnmacht wird einem mehr als bewusst.

Lasse ich mich noch herausfordern?

„Gebt ihr ihnen zu essen!“ So forderte Jesus damals seine Jünger zu einem unmöglichen Unterfangen auf. Ähnlich unmöglich, ja unsinnig erscheint es uns, wenn uns Jesus heute herausfordert, den Nöten der Menschen dieser Welt nicht gleichgültig den Rücken zu kehren, sondern ihnen zu begegnen. Diese Begegnung beginnt meist dort, wo ich nicht mehr wegsehe sondern ich mich persönlich betreffen lasse.

Wir haben uns daran gewöhnt

Menschliches Leid ist für Viele zur Gewohnheit geworden. Die Weltnachrichten haben uns abgestumpft. Krieg, Terror, Hunger, Katastrophen, Gewalt, Missbrauch, Ausbeutung, Versklavung, Kindersterblichkeit, Flüchtlingsströme sind für uns inzwischen Alltag geworden. Sie beunruhigen kaum noch, es sei denn, sie bedrohen unseren eigenen Wohlstand und unser Wohlbefinden. „Abschottung“ heißt die neue Devise. Wir regen uns vielleicht noch über die Mauern und Zäune auf, die in einigen Staaten dieser Welt errichtet werden, und bemerken dabei gar nicht, dass wir bereits in unserem Herzen Mauern aufgerichtet haben, um uns vor der Not dieser Welt zu schützen und abzuschotten. Viele vermeiden es, Geflüchtete kennenzulernen, verarmte Menschen einzuladen, Einsame in der Nachbarschaft anzusprechen, Kranke oder Sterbende zu begleiten. Und so stehen wir in der Gefahr, resigniert in unserer Ohnmacht zu versinken, anstatt mutig unsere kleine Stimme gegen Ungerechtigkeit und Gewalt zu erheben und uns aufzumachen um unsere Gaben, Fähigkeiten und Ressourcen auch zum Wohl Notleidender einzusetzen.

Betroffenheit allein genügt nicht

Betroffenheit kann einen entweder lähmen oder zum Handeln bewegen. Wie die Jünger damals, fordert uns Jesus auf: „Sieh nach, was du zu geben hast“. Ich bin überzeugt: im Nachschauen entdeckt jeder ein paar „alte Brote“ und „Fische“, wie Zeit, Liebe, Ideen, Fähigkeiten, Barmherzigkeit, Interesse, Geld, Empathie.…. Bin ich bereit, dieses Wenige, vermeintlich Ungenügende, Jesus zur Verfügung zu stellen? Immer dort, wo wir als nehemia team bereit waren, diesen Schritt zu tun, haben wir erlebt, wie sich das Wenige multipliziert hat und wie in all den Jahren bis heute immer wieder tausende Menschen durch unsere Aktivitäten „satt“ wurden.

Sich immer wieder neu auf den Weg

Was geschieht, wenn wir unser „Weniges“ Jesus zur Verfügung stellen? Er nimmt es dankbar an, um uns dann damit auf den Weg zu den „Hungrigen“ und „Verlorenen“ dieser Welt zu schicken. Zu Menschen, die verloren gegangen sind in der Anonymität unserer Städte, vergessen, verletzt, missbraucht, enttäuscht. Meist sind es junge Menschen, die wir als nehemia team begleiten und ihnen dadurch zu einer neuen Lebensperspektive verhelfen dürfen. Wir nennen sie bis heute gerne „Gottes VIP´s“: weil sie für Gott wichtig und nicht vergessen sind. Und immer, wenn unsere Hände wieder leer geworden sind, dürfen wir zurück zu Jesus gehen, Nachschub holen und wir entdecken erstaunt, wie sich unser Weniges vermehrt.

Wir sind umgeben von hungrigen Menschen

Ja, manche haben buchstäblich Hunger und Durst, weil sie in Gebieten leben, wo Dürre herrscht oder Lebensmittel knapp sind. Andere hungern nach Bildung, Liebe, Zuneigung, Wertschätzung und Akzeptanz, nach Respekt und Würde. Und wir haben die Möglichkeit, GEMEINSAM diesem vielfältigen Hunger zu begegnen. Dieses GEMEINSAM schätze ich besonders im nehemia team. Zusammen in einem Team, Ältere und Jüngere, unterschiedlich Begabte aus verschiedenen Kulturen, bewegen wir in gegenseitigem Respekt und Ergänzung viel mehr als jeder für sich erreichen könnte.

Erwartungsvoll in die Zukunft blicken

Wir gehen als nehemia team in eine neue Etappe. Dankbar für die vergangenen 30 Jahre voller Bewegung und Leben blicken wir aber nicht selbstzufrieden zurück. Wir erwarten, dass viele, insbesondere junge Menschen mit neuen Ideen und Engagement gemeinsam mit uns dem „Hunger“ in dieser Welt begegnen wollen. Junge Menschen, die nicht nur selbstgenügsam und eigennützig ihr Leben und ihren Glauben leben wollen, sondern großzügig und gern ihr „Brot“ und ihren „Fisch“ zur Verfügung stellen, um damit diese Welt zu verändern. Wenn du überzeugt bist, dass der Sinn und das Glück des Lebens nicht darin zu finden ist, sich abzuschotten, sich um sich selbst zu drehen und den Kopf in den Sand zu stecken, dann freuen wir uns auf deine Mitarbeit. Wir freuen uns auf eine neue Generation von „nehemias“, die in diesem Sinn ihre Ideen, ihre Gaben und ihr Engagement bei uns einbringen.

Volle Körbe statt leerer Taschen

Ein Geheimnis löst sich noch am Ende dieser Geschichte. Die Jünger, die ja selbst hungrig waren und von ihrem Wenigen gegeben hatten, waren von Jesus nicht vergessen. Jeder von ihnen bekam einen vollen Korb zurück. Ist das nicht eine Investition, die sich lohnt? Eine Rendite, die ihresgleichen sucht? Ich werde nicht zu kurz kommen, wenn ich meine Gaben und Talente, meine Liebe, meine Zeit und mein Geld nicht nur für mich, sondern auch für notleidende Menschen in meiner Nachbarschaft und in anderen Teilen dieser Welt investiere. Dieses Geheimnis erleben wir als nehemia team seit 30 Jahren. Und das macht Hunger auf mehr!!!

Hans Heidelberger (nehemia team)

 

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