Offiziell wurde das indische Kastensystem bereits 1948 abgeschafft, die Realität sieht aber anders aus. Nach wie vor werden Menschen in Kasten, also Gesellschaftsschichten eingeteilt, die automatisch mit bestimmten Rechten, Pflichten und Privilegien versehen sind. Man kann in Indien weder in eine andere Kaste auf noch absteigen – von Geburt an gehört man der Kaste der Eltern an und bleibt in dieser bis zu seinem Lebensende. Glücklich, wer zu den oberen Schichten gehört.

Es gibt fünf Kasten in Indien

  1. Die oberste Schicht bilden die “Brahmanen”, zu ihnen gehören Priester und Gelehrte.
  2. Danach folgen “die Kshatriyas”, die Fürsten, Krieger und höheren Beamten. 
  3. Zu den “Vaishyas” zählen zum Beispiel Bauern und Kaufleute.
  4. “Shudras” umfasst unter anderem Knechte und Dienstleister. 
  5. Mit deutlichem Abstand zur nächsthöheren Kaste stehen an unterster Stelle die “Dalits”, die Unberührbaren: Müllbeseitiger, Wäscher, Friseure, etc. 

“Unberührbar” sind die Dalits daher, weil sie als unrein gelten und man sie deshalb besser nicht berühren sollte. Sie werden daher vielerorts vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Die meisten leben in Armut in abgesonderten Siedlungen außerhalb der Ortschaften. Gerade in ländlichen Gebieten ist die Diskriminierung gegenüber den Dalits sehr verbreitet – sie werden belästigt, attackiert oder sogar ermordet.

Das Kastensystem ist ja offiziell abgeschafft und gerade in den Städten wird eher auf Einkommen und gesellschaftlichen Umgang geachtet als auf die zugeordnete Kaste. So haben es auch einige Dalits in hohe Regierungspositionen geschafft – allerdings bleiben derartige Erfolgsgeschichten eher die Ausnahme und für Frauen sind solche Positionen schier unerreichbar.

Von Gleichheit weit entfernt

Frauen haben in Indien nach wie vor einen schweren Stand – wie in den meisten Ländern der Erde. Im Global Gender Gap Report werden jedes Jahr 153 Länder auf ihre “Lücke” zwischen den Geschlechtern untersucht – also auf das Ausmaß der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Deutschland erreicht 2019 dabei eine Geschlechtergleichheit von 78,7% und belegt damit immerhin Platz 10. Indien belegt Platz 112, bei einer Gleichheit von 66,8%. Da ist viel Luft nach oben. 

Wenn man als Frau in Indien auch noch den Dalits angehört, sieht die Lage also entsprechend schwierig aus. Dalit-Frauen leiden unter ökonomischen Nachteilen, mangelnder Bildung (viele werden in Schulen erst gar nicht zugelassen und oft auch mangelnder Gesundheit. Sie werden diskriminiert im Lebensunterhalt, in öffentlichen Services und politischer Beteiligung. Sie sind Opfer von physischer, verbaler und sexueller Gewalt und werden auch oft zur Tempelprostitution gezwungen.

Dem Teufelskreis entkommen

Ein selbstbestimmtes Leben in Würde zu führen, das ist der Wunsch vieler Frauen in Indien. Der erste Schritt dahin besteht wie so oft aus finanzieller Unabhängigkeit. Und wie in anderen Ländern auch braucht es dazu eine gute Ausbildung.

Hier setzt das nehemia team gemeinsam mit der indischen Organisation “7 Fruits Foundation” an und bietet Dalit-Frauen die Möglichkeit, sich zur Schneiderin und Näherin ausbilden zu lassen. Siehe Artikel „Freiheitsschneiderei in Indien“.